Jean-Baptiste Lecuit, L’anthropologie théologique à la lumière de la psychanalyse.
La contribution majeure d’Antoine Vergote, Cogitatio Fidei, Paris, Éditions du Cerf, 2007
Die theologische Anthropologie im Licht der Psychoanalyse. Der Hauptbeitrag Antoon Vergotes
Zwischen gegenseitiger Faszination und Verwerfung, haben die Beziehungen zwischen Glauben und Psychoanalyse zahlreiche Autoren immer wieder inspiriert. In der Theologie spielt sich die Berücksichtigung der Psychoanalyse am meisten um den Menschen, den wichtigsten gemeinsamen Gegenstand der beiden Fächer: deswegen ist gerade in der theologischen Anthropologie die psychoanalytische Beleuchtung am entscheidendsten. Was denkt denn Freud sonst, dass der Mensch – weit davon entfernt von Gott geschaffen zu sein, wie es die Theologie behauptet -, unbewusst dessen Schöpfer ist, und dass seine Beziehung zu ihm eine reine Illusion seiner Wünsche ist? Gerade auf diesem Boden spielt sich das Wesentliche der Auseinandersetzung ab, und dorthin möchte ich sie führen.
Mein Ziel ist die theologische Anthropologie im Licht der Psychoanalyse zu bedenken, und davon untrennbar, den wesentlichen Beitrag des Werkes des Theologen, Psychoanalytikers und Psychologen Antoon Vergote in diesem Unternehmen zu zeigen. Dieses Werk veranschaulicht in der Tat auf beispielhafte Weise die Möglichkeit eines von der psychoanalytischen Erfahrung und Theorie beleuchtenden und geprüften Verständnisses des Glaubens. Die Aktualität des Werkes Antoon Vergotes ergibt sich nicht nur auf Grund der unüberholbaren Prägung des Psychischen, insbesondere der Ödipusproblematik. Sie liegt auch an seinem Beitrag zum Dialog zwischen Glauben und zeitgenössischer Kultur, an seiner Hervorhebung der strukturierenden Rolle des Gesetzes und der Vaterschaft in einem Kontext, in dem sich diese Rolle in einer Krise befindet, und an seinem Gedankenbeitrag zur spezifischen Besonderheit und zum Wesentlichen des biblischen Glaubens in interreligiösem Zusammenhang. Sie trägt außerdem dazu bei, die sowohl tiefmenschlichen als auch transzendenten Dimensionen des christlichen Glaubens zu erklären, während die beiden Dimensionen heute vielleicht mehr als je zuvor bestritten werden. Und das auf eine Weise, die ein Modell des Zusammenspiels von Psychoanalyse und Theologie bildet – ohne Reduktionismus oder Dualismus, ohne Psychologismus oder Spiritualismus.